Im Januar dieses Jahres, wenn die Temperaturen im Bundesstaat Missouri (USA) um den Gefrierpunkt liegen und man immer mit Schnee rechnen muß, hat die der Republikanischen Partei angehörende Abgeordnete Ann Kelley beantragt, in einem Gesetz zu verordnen, daß Frauen im ›Missouri House of Representatives‹ künftig bei den Beratungen ihre Schultern bedeckt halten müssen. Es war keine vorsorgliche Maßnahme gegen die vielleicht zu niedrigen Temperaturen in der parlamentarischen Kammer, es war ein todernst gemeinter politischer Vorstoß, der die Sittlichkeit im Bundesstaat Missouri fernerhin gewährleisten soll. Zwar gab es erwartungsgemäß empörte Reaktionen, zumal von seiten der Demokratischen Partei, und da vornehmlich von seiten der weiblichen Abgeordneten, dergestalt, daß die aufgebrachte Kollegin fragte, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn von nun an die männlichen Abgeordneten ihre weiblichen Counterparts tagtäglich daraufhin ins Fadenkreuz ihrer Aufmerksamkeit nähmen und insbesondere den oberen Teil ihres Körpers ganz genau studieren müßten, um feststellen zu können, ob dort eine nackte Schulter zu sehen ist oder nicht. Aus den Presseberichten geht nicht hervor, was die männlichen (aber auch weiblichen) Abgeordneten bei einer unzulässigen Offenlegung der Schultern zu tun hätten. Eine Anzahl von Wolldecken sollte zu diesem Zweck im Parlamentsgebäude ständig bereitliegen, mit der die ertappten schulterfreien Frauen dann unverzüglich eingehüllt werden könnten, um den hohen Standard der Sittlichkeit in Missouri gewährleisten zu können. Frau Kelley ist nicht nur republikanische Abgeordnete, sie ist auch Mitglied in der ›National Rifle Association‹, der größten Organisation der Vereinigten Staaten, in der das Recht zum Tragen von Waffen (the right to bear arms) mit allen Kräften am Leben erhalten wird. Nachdem in Missouri wie in den meisten anderen Bundesstaaten der USA durch Entscheid des Obersten Gerichtshof das Recht auf Abtreibung aufgehoben worden ist, wird mit diesem gewissermaßen ergänzenden juristischen Handstreich den Frauen des Landes unmißverständlich deutlich gemacht, daß nur bei einer ausreichenden textilen Bedeckung ihrer Schultern die Konsequenz, die aus solch libertären Verhalten in der Regel folgt — eine ungewollte Schwangerschaft — vermieden werden kann. Das als Gottesgesetz wahrgenommene ›right to bear arms‹ bleibt in den USA trotz weiterhin anhaltender Massaker in allen Teilen des Landes unberührt, hingegen wird es ein ›right to bare arms‹ (das Recht auf unbekleidete Arme [und Schultern]) nicht geben.
In einer Folge der amerikanischen Serie ›Newsroom‹ (2012–2014) hält der politische Moderator eine kleine Rede in Gegenwart des Fernsehpublikums dieses fiktiven Nachrichtensenders. Und er zählt die Dinge auf, die die vor über zehn Jahren virulente ›Tea Party‹ (eine rechtsextremistische Organisation) ganz besonders auszeichnen:
– Ideological purity
– Compromises as weakness
– A fundamentalist belief in scriptural literalism
– Denying science
– Unmoved by facts
– Undeterred by new information
– A hostile fear of progress
– A demonisation of education
– A need to control women’s bodies
– Severe xenophobia
– Tribal mentality
– Intolerance of dissent
– Pathological hatress of US government
They can call themselves ›The Tea Party‹. They can call themselves conservatives. And they can even call themselves Republicans, though Republicans certainly shouldn’t. But we should call them what they are: The American Taliban.