And here was Rachel Hoyt, branch librarian, as pretty as a Marie Laurencin picture, yet as colorful as a psychedelic poster. Her hair was pulled back softly and held at the nape of her neck by an enameled barrette. There was bright lipstick on her moist lips, and a pink blouse was joined by a wide belt to a short gray wool dirndl. She was smallish, compact, neat, with an impudent expression and a kind of bursting vitality. Barrett had no doubt that she had one hell of an intellect. He also had no doubt that she did not allow it to interfere with her social life. »You are the head librarian?« he asked. »None other«, said Rachel Hoyt, shoving a collection of bangle bracelets high on her slender forearm. She cocked an amused eye at him. »What were you expecting – Minnie Mouse or a Bloomer girl? They threw away that cookie cutter years ago«. (Irving Wallace: The seven minutes, 1969)
Reporter einer lokalen Fernsehstation, Wilfried Schrettinger: Ja, hallo miteinander. Heute haben wir einen ganz besonderen Gast in unserem Studio, den Leiter unserer örtlichen Bücherei, oder wie man Sie etwas vornehmer auch nennt: unserer Bibliothek. Guten Tag, Herr Dr. Tombe. Wie sehen Sie die Lage der Bibliotheken heute, im 21. Jahrhundert?
Dr. Tombe: Bibliotheken gehören zum öffentlichen Raum, und wir wollen als Safe Spaces dem Anspruch gerecht werden, Einzelne vor Zumutungen durch Diskriminierungen und Verletzungen zu bewahren.
Wilfried Schrettinger: Aha, sehr interessant! Hat es in letzter Zeit tätliche Angriffe auf Benutzer der Bibliothek gegeben?
Dr. Tombe: Das nicht gerade direkt, nein, aber wir wollen vorbauen und sicher gehen, denn nichts ist heute wichtiger als Sicherheit. Safe Spaces sind das non plus ultra jeder zukunftssicheren Bibliothek, die ja weit mehr als Buchbestände verwaltet. Wir sind das heiße Medienzentrum der City.
Wilfried Schrettinger: Was sie nicht sagen. Ich hatte neulich ein Interview mit einer Studentin, oder soll ich sagen: ›Studierenden‹, Haha, na, wie auch immer, sie sagte mir jedenfalls, daß sie ihrem Professor im Seminar die Meinung gegeigt habe, als er sie verunsicherte mit einer sie bedrängenden Zumutung. Nein, nicht was sie jetzt denken. »Was«, hat sie dem Professor gesagt, »Ich soll ein ganzes Buch lesen?« Da war für einen Moment der safe space in der Universität höchst gefährdet.
Dr. Tombe: Nun werden Sie hier mal nicht ausfällig. So geht das aber nicht. Sie sind als Reporter zu objektiver Berichterstattung verpflichtet. Wenn die Studierende sich vom Lesen eines ganzen Buches bedroht fühlte, dann sind wir aufgerufen, ihr beizustehen. Das wäre ihr bei uns nicht passiert. Wir drängen niemanden unsere Bestände auf. Wir als Bibliothek sind auch schon lange nicht mehr allein auf das Bereitstellen von Büchern beschränkt, das wäre in unserer modernen Mediengesellschaft auch gar nicht möglich. Wir haben alle Sorten von Medien. Und die sollten die Leute von der Universität auch mal in Erwägung ziehen, wenn sie Seminare abhalten. Diese alteuropäische Fixierung auf das gedruckte Wort ist doch antiquiert, rückständig, hinterwäldlerisch.
Wilfried Schrettinger: Sie meinen: Leih’ dir den Film zum Buch aus, das macht mehr Spaß als Lesen?
Dr. Tombe: Werden Sie nicht frech. Was glauben Sie, was sich in den vergangenen Jahrzehnten im Bibliotheksbereich abgespielt hat? Weltweit fallen die Ausleihzahlen, Stellen werden gestrichen, Öffnungszeiten reduziert, Etats gekürzt. Darauf muß man doch reagieren. Und wir haben darauf reagiert.
Wilfried Schrettinger: Indem Sie die Bibliothek in eine Vergnügungsstätte umzuwandeln versuchen?
Dr. Tombe: Ich darf erwähnen, daß ich früher eine Professur für Medienmanagement und Medienvermittlung innehatte. In dieser Eigenschaft habe ich Konzepte zum Co-Learning-Space entwickelt. Klassische Stand-Alone-Rechner müssen mit flexibel einsatzbaren Robotik- und Maker-Elementen kombiniert werden. Dazu gehört auch eine flexible Möbilierung in modifizierbaren Räumen sowie Pop-Up-Räumen mit Werkstattcharakter, die unterschiedlichen Funktionen Rechnung tragen. Um die Zukunftsfähigkeit der Bibliotheken zu sichern, sind organisatorische und investive Anstrengungen sowie bauliche Änderungen nötig. Der Co-Learning-Space Bibliothek muß auch partizipativ ausgelegt sein. Dazu sind iterative Diskussionsprozesse erforderlich. Eine Kollegin von mir hat die Bibliothek mit einem U-Boot verglichen. Eng, dunkel kühl, mit wenig Komfort, aber vielen Menschen an Bord, das auch mit ihren Kompetenzen und dem digital-analogen vielschichtigen Angebot oft noch zu unsichtbar im ›Ozean Stadtgesellschaft‹ unterwegs ist. Als Gegenentwurf zum U-Boot kann aber nicht die Luxusyacht herhalten. Wir einigten uns auf die Zielvision des modernen Ausflugsdampfers als Schiff für alle und als hellerem, offenerem und niedrigschwellig zugänglicherem Ort.
Wilfried Schrettinger: Wow! Da haben unsere Zuschauer aber eine geballte Ladung an Information serviert bekommen, hoffentlich haben sie auch alles verstanden, ich habe es nicht. Ich habe aber auch keine Professur für Medienmanagement und Medienvermittlung. Können sie das vielleicht mit etwas schlichteren Worten ausdrücken?
Dr. Tombe: Mit zwei Sätzen: Not just a library. Your interface to everything.
Wilfried Schrettinger: Hallo! Unsere Zuschauerinnen und Zuschauer sind als Kinder in eine deutsche Schule gegangen und man kann nicht davon ausgehen, daß sie alle das Abitur und ein Fremdsprachenstudium hinter sich haben. Auf deutsch bitte, auf deutsch!
Dr. Tombe: Möchten Sie einen Coffee to go, um die Gesprächsatmosphäre ein wenig aufzulockern?
Wilfried Schrettinger: Oha, Sie scheinen auf eine untergründige Art und Weise doch etwas Humor zu haben.
Dr. Tombe: Sehen sie, es geht doch um die Frage: Was ist bereits im Doing oder klar geklärt. Welche Maker-Angebote implementieren wir, welche Bestandssegmente müssen oder können reduziert werden. Dazu zählen dann auch Ideen, die noch nicht zu Ende gedacht sind. Das Setting sollte aber immer entspannt sein. Wir stehen zudem auch mit unseren Lead-Userinnen im Kontakt. Mit unseren Moodboards visualisieren wir eine Idee oder ein Konzept und kanalisieren wir unsere Überlegungen.
Wilfried Schrettinger: Ja, ich denke doch, daß unsere Zuschauer damit schon eine gewisse Vorstellung von der Zukunftsbibliothek bekommen haben. Vielleicht überlegen sie es sich sogar, jemals eine Bibliothek aufsuchen zu wollen. Es geht ja auch von zuhause, mit einem Klick ist man in einer digitalen Bibliothek und kann Bücher kostenlos herunterladen.
Dr. Tombe: Wenn Sie wüßten, wie die Politiker uns auf die Füße treten und unsere Daseinsberechtigung in Frage stellen! Sie müßten sich diese Leute mal anhören, wenn sie vom Internet schwafeln und sagen, da seien doch heute alle für die Welt wichtigen Informationen vorhanden, da könnte sich doch jeder bedienen, wozu brauchen wir denn noch diese kostspieligen Bibliotheken?! Jeder fünfte liest und bildet sich mittlerweile auf elektronischem Wege. Wir kämpfen doch um unser Überleben!
Wilfried Schrettinger: Und deshalb spielen Bücher in der Bibliothek nur noch eine untergeordnete Rolle? Ist das nicht etwas paradox?
Dr. Tombe: Wir brauchen ein neues Image, darum geht es. Kommunikation, Dienstleistung und ein zeitgemäßes Veranstaltungsprogramm, das sind die Essentials heute. Und Integration. Deshalb können Sie bald bei uns ihren Personalausweis erneuern lassen oder ihren Wohnungsumzug melden. In Dänemark, in Aarhus, gibt es das schon. Die haben in ihren Maker Space Nähmaschinen stehen, da gibt es 3D-Drucker und ein Tonstudio. Die Kinder können auf digitalen Fußballplätzen spielen, es gibt eine große Anzahl von Spielkonsolen und, aufgemerkt!, es ertönt ein Gong, wann immer im Kreißsaal der Stadt ein Kind auf die Welt gekommen ist.
Wilfried Schrettinger: Wo bleiben da die Bücher? Wo sind sie, wo stehen sie?
Dr. Tombe: Die stehen abseits, am Rande. Der Kollege in Aarhus sagt es ganz treffend, er sagt: »Eine Bibliothek muß sich in erster Linie mit den Menschen beschäftigen, nicht mit Büchern.«
Wilfried Schrettinger: Das hat er wirklich gesagt? Heißt das nicht aber, daß die Bibliothek aufgehört hat, eine zu sein, und zu einer Therapie-Einrichtung geworden ist?
Dr. Tombe: Es geht heute nicht mehr darum, an Informationen durch die Vermittlung des Buches zu kommen, es geht um Vergemeinschaftung. Die Menschen stehen im Mittelpunkt. Es kann nicht mehr angehen, daß die Menschen von Bücherwänden erschlagen werden. Deshalb hat der dänische Kollege auch die Tapete, die die Innenausstatter mit Buchrücken illustriert hatten, wieder verpixeln lassen. Wir müssen ein flexibler Veranstaltungort werden, nur so können wir unseren angestammten Platz in der Gesellschaft halten.
Wilfried Schrettinger: Viel Kommunikation, wenig Kontemplation? Die Bibliothek als sozialer Servicebereich?
Dr. Tombe: Jedes Buch, das zwei Jahre nicht ausgeliehen worden ist, wird in Aarhus ausgesondert, Man will kein Museum sein und man kann den freiwerdenden Platz gut für Familienaktivitäten verwenden.
Wilfried Schrettinger: Wenn das so ist, dann ändert sich aber das Berufsbild des Bibliothekars gewaltig, ja, es verschwindet eigentlich. Ein anderer Charaktertyp ist dann gefragt, Leseleidenschaft scheint mir dann keine Berufsvoraussetzung zu sein.
Dr. Tombe: Wir müssen doch zeitgemäß denken, verstehen sie. Wir sind flexible Dienstleister mit sozialer und technischer Kompetenz. Und ohne Events kriegen wir sowieso niemanden mehr hier her.
Wilfried Schrettinger: Müßte die Bibliothek nicht darum kämpfen, ihre ursprüngliche Funktion beizubehalten? Und was für Auswirkungen hat das auf die wissenschaftlichen Bibliotheken, wenn die städtischen Leihbüchereien sich so von ihren traditionellen Aufgaben trennen?
Dr. Tombe: Sie können den Zug der Zeit nicht anhalten, sie müssen rechtzeitig aufspringen.
Wilfried Schrettinger: Dann sehe ich für die Verblödung der Menschheit noch großen Entwicklungschancen. Wir danken Ihnen für das Gespräch.