Dr M schrieb am Montag, 17. April 2023:
Kann ein Mensch statt Blut elektrischen Strom in den Adern haben? Nein, natürlich nicht, aber beim gestrigen Konzert mit Erja Lyytinnen kam man unwillkürlich auf diesen Vergleich, denn die finnische Slidegitarristin setzte die Blues Garage für zweimal 45 Minuten unter Strom, was natürlich auch nur ein bildliches Gleichnis ist. Lichtenberg, der philosophierende Physiker, behandelte in einem Brief die »Elektrizität der Mädchen« und meinte damit natürlich auch nur gleichnishaft die Anziehungskraft, die Mädchen auf das andere Geschlecht auszuüben pflegen. Es war physiologisch erklärbar, daß nach nur 45 Minuten der erste Set bereits beendet war, denn Lyytinnen weiß natürlich auch, daß man eine solche geballte elektrische Energie nicht zu lange auf das Publikum einwirken lassen darf. So begann sie den zweiten Set denn auch mit einem langsamen Blues, der geradezu besänftigend auf die seelische Verfassung der Zuhörer wirken mußte, wie ein leise dahinfließendes Wasser in den Tiefen eines finnischen Waldes hörte es sich an. Man atmete auf, aber dann wurde man bald darauf in finnischer Sprache in einen Song über die Hölle eingeführt, ein sehr gelungenes Beispiel, wie man hochdramatisch-musikalisch den Gang in die Unterwelt inszenieren kann. Und so ging es voran, es folgten weitere Songs, die mit Hochspannung geladen waren, und dazu die durchdringende Stimme von Lytinnen, die auch eine hervorragende Entertainerin ist und weiß, wie man mit dem Publikum sprechen muß. Man mußte weit über zehn Jahre auf ihren erneuten Auftritt in der gutbesuchten Blues Garage warten, und ich glaube, alle Anwesenden wünschten sich nach dem Ende des Konzerts eine baldige Rückkehr dieser faszinierenden finnischen Dame.