Der Leitartikel ›Der einsame Corona-Tod‹ von Thomas Holl (F.A.Z. v. 8. Februar 2021) beklagt die angebliche Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegenüber dem einsamen Virustod und zitiert den CSU-Politiker Söder, der meint, dies sei eine »ethische Kapitulation«. In Krisenzeiten wird gern Moral in Anspruch genommen, und es klingt immer gut, wenn man Vorwürfe gegenüber einer anonymen Masse erhebt, die sich dagegen nicht wehren kann. Ganz sicher wird jedes einzelne Opfer von Covid-19 im Familienkreis betrauert, dazu bedarf es keiner Ermahnung durch die Politik und die Medien. Etwas anderes aber ist das ständige Herbeizitieren von Zahlen und Statistiken. Und wenn schon von den mehr als 61 000 Menschen die Rede ist, die bisher an dem Virus gestorben sind, dann sollte man auch Vergleichszahlen anbieten, so die gerade durch eine gemeinsame Studie der Universitäten von Harvard, Birmingham, Leicester und London ermittelten, wonach 2018 auf der ganzen Welt 8,7 Millionen Menschen an der Luftverschmutzung gestorben sind, die durch das Verbrennen von Öl und Kohle entstanden ist. Das ist die ethische Kapitulation vor den Interessen einer weltweit agierenden Industrie, die im Gegensatz zu einem Virus sehr sichtbar und identifizierbar ist.