But, if it’s a raucous political debate you want, meet newlyweds Hank and Hannah Finch. He’s a right-wing Baptist preacher, she’s a fun-loving bisexual! Conflicts? You bet! (Bebe Glazer in: Frasier, Season 4, Episode 17)
Im amerikanischen Bundesstaat Utah ist man eifrig darum bemüht, Bücher aus den Bibliotheken zu entfernen, die, nach Ansicht der Eltern von Schulkindern, unanständige Inhalte bergen. Im vergangenen Jahr hat Utah ein Gesetz erlassen, wonach die Verbreitung oder Veröffentlichung von »sexueller Amoralität« als Ordnungswidrigkeit und mit mindestens 500 US-Dollar und einem Monat Gefängnis (nicht entweder-oder, sondern beides als Kombi-Strafe) geahndet wird. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, haben die utahischen Gesetzgeber genauestens beschrieben, welche Delikte unter die »sexuelle Amoralität« fallen: Die Darstellung oder Beschreibung von Masturbation, Sex ganz im allgemeinen, Sodomie, erregte Geschlechtsteile (beider Geschlechter) oder nackte oder teilweise nackte Figuren, was dann natürlich im Bereich der Kunst für große Ausfälle, also Aussonderungen von Kunstbüchern geführt hat.
Dieses Schauspiel bigotter, provinzieller Beschränktheit hat einen aufgeklärten US- Amerikaner nicht ruhen lassen. Er setzte sich an den Schreibtisch und verfaßte eine Eingabe an die Behörden, in der er beklagte, daß bei der täglichen Bücherjagd ein Buch völlig übersehen worden sei, das Buch, das in jedem amerikanischen Hotel und Motel im Nachtkästchen zur freien Verfügung liegt: die Bibel. Diese, so der Antragsteller, enthalte »Inzest, Masturbation, Sex mit Tieren, Prostitution, Dildos, Vergewaltigung und Kindermord«. Wer seine Heilige Schrift kennt, wird gern bestätigen, daß alle aufgeführten Sachverhalte in der Tat im ›Buch der Bücher‹ vorkommen, und das nicht nur einmal. In Utah scheint die Zahl der Bibelkundigen aber nicht in dem Maße hoch zu sein, wie man es für selbstverständlich angenommen hat, denn man gründete einen Ausschuß, der sich des Falles annehmen sollte. Nach Überprüfung der inkriminierten Schrift kam der Ausschuß zu dem Urteil, daß dem Antrag insofern stattgegeben wird, als man das Lesen der Bibel zwar nicht gänzlich verbieten werde, aber eine Altersbegrenzung für zweckdienlich halte, so daß von nun an erst Oberschülern ab der neunten Klasse die Bibel zugänglich gemacht werden dürfe. Woraus man entnehmen kann, daß alle an der Bücherentfernung beteiligten Personen sich zwar moralisch auf den höchsten Stand der Empörung gehoben hatten, aber das ganz ohne die Kenntnis der Bibel, wiewohl alle diese Personen unaufhörlich von der Heiligen Schrift als ihrem lebensanleitenden Buch reden, aber es entweder gar nicht oder nur in Auszügen gelesen haben; oder, was noch wahrscheinlicher ist, lediglich den jeweiligen sonntäglichen Predigttext ihres Pastors sich angehört haben. Dieser wird aber die inkriminierten Passagen wohlweislich niemals in seiner Predigt vorgetragen haben, denn er möchte natürlich seine Stelle als Seelsorger gern bis zu seiner Pensionierung behalten.
In seiner großen Abrechnung mit dem sich gerade etablierenden Nazi-Regime hat Karl Kraus in ›Die Dritte Walpurgisnacht‹ eine Episode vom Kurfürstendamm in Berlin wiedergegeben, bei der ein »unbekannter Zivilist«, der Sohn eines Ladenbesitzers, sich an die Polizei wandte, als ein Trupp SA-Schläger seinen Vater im Geschäft zu bedrohen begann. Der Sohn erklärte gegenüber der eintreffenden Polizeistreife, in den Laden seien Kommunisten eingedrungen, die nur zur Tarnung SA-Uniformen trügen, in Wirklichkeit aber verkleidete Kommunisten wären. Darin sei er sich sicher, denn in den amtlichen Berichten werde immer wieder betont, die SA benehme sich gesittet und gesetzmäßig. Der Polizei blieb schließlich nichts anders übrig als die SA-Schläger aufs Polizeirevier zu bringen. »Nie gab es bessere Geistesgegenwart.« kommentiert Karl Kraus diese denkwürdige Szene. »Hätten alle den Einfall gehabt, darauf zu bestehen, daß Lüge Wahrheit sei, die deutsche Welt sähe anders aus.« Der Kläger in Utah hat mit seiner Anklageschrift gegen die Bibel das bewiesen, was Karl Kraus in allen seinen Texten immer wieder aufs Neue bewiesen hat und was man angesichts des täglichen Wahnsinns immer aufs Neue beweisen muß: Geistesgegenwart.