Dein ist mein ganzes Herz! Wo du nicht bist, kann ich nicht sein, so, wie die Blume welkt, wenn sie nicht küßt der Sonnenschein! (Franz Lehár: ›Das Land des Lächelns‹, 1929)

Die SPD hat in Berlin ihr einhundertsechzigjähriges Bestehen als »älteste Partei Europas« gefeiert. Der 150. Geburtstag wurde auch gefeiert, was angesichts der runden Zahl (50, 100, 150, 200 usf.) auch gerechtfertigt war. Die zeitlichen Abstände für Feiern jeglicher Art werden aber immer kürzer, da man heute auch schon beim Weiterbestehen einer Currywurst-Bude ein Schild aufstellt mit dem Hinweis, daß sie schon seit fünf Jahren existiert.

Für dieses Jubiläum brauchte man ein aussagekräftiges Symbol. Die geballte, erhobene Faust hat den Nachteil, daß sie von den Kommunisten benutzt wurde, und sie würde auch heute nicht mehr passen zum unkämpferischen Pragmatismus der deutschen sozialdemokratischen Partei. Die Nelke ist zwar hübsch anzuschauen, aber riecht doch sehr nach 1. Mai und Kampftag der Arbeiterklasse (auf dem Sozialistenkongreß 1889 in Paris wurde der 1. Mai als Kampftag bestimmt), dabei haben wir heute seit 1945 den Namen ›Tag der Arbeit‹, was weniger oder eigentlich gar nicht klassenkämpferisch klingt. (Von 1933 bis 1945 hieß er noch etwas deutlicher ›Tag der nationalen Arbeit‹). Ein Foto vom Parteivorsitzenden (wer ist das eigentlich? fragt sich so mancher in der Partei) sähe doch sehr nach dem überwundenen östlichem Staats-Modell geschneidert aus, und nichts verabscheut die deutsche Sozialdemokratie mehr als Personenkult (Im Hintergrund hört man Willy!-Willy!-Rufe), also war guter Rat teuer. Schließlich kam man auf das Symbol, das die größte Zustimmung bei allen, auch den Wählern der anderen Parteien, finden würde: das Herz. 160 Jahre schlägt es nun schon, und immer auf dem rechten Fleck, unermüdlich pumpt es Lebensenergie durch den sozialdemokratischen Körper. Die Herzlinien umrahmen aber nicht die drei Buchstaben, S P D, sondern mitten im Herz steht die nüchterne Zahl: 160, mehr nicht. Das muß reichen, so wie es in den siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts der Stadt New York gereicht hat, das bis heute bestehende Symbol für Städtemarketing herauszubringen: I ❤ NY, und statt Love steht dann eben ein Herz dort, weil die Herzform als Symbol der Liebe gilt. Interessanterweise liegt der Ursprung für dieses Herzsymbol in der stilisierten Darstellung von Feigenblättern, und das schon im 3. Jahrtausend vor dem Erscheinen Christi.

Demnächst werden die Wildecker Herzbuben mit der SPD auf eine Tournee durch die deutsche Provinz gehen und dann ihren größten Hit zum Besten geben: Herzilein.