In dem Artikel von Bert Strebe über Straßenumbenennungen und Denkmäler (HAZ v. 11.3.2023) werden Waldersee, Wagner und Kant als Beispiele »umstrittener« Namensgeber behandelt. Damit werden Äpfel mit Birnen verglichen. Es ist zunächst einmal nicht »umstritten«, daß Waldersee das war, was der britische Historiker John C. Röhl über ihn gesagt hat: Waldersee war ein »reiner Militarist und Reaktionär, ein Präventivkriegsfanatiker, ein Staatsstreichbefürworter, ein bigotter orthodox-protestantischer Katholikenhasser und nicht zuletzt ein ›christlich-sozialer‹ Antisemit« John C. Röhl: Wilhelm II. Bd. 1 (Die Jugend des Kaisers, 1859–1888), München 1993, 600. Aus gutem Grund hat man gleich nach 1945 alle Straßen und Plätze, die nach Adolf Hitler benannt waren, geändert. Würde heute noch ein Denkmal für Hitler in einer deutschen Stadt stehen, würde man ganz gewiß nicht eine Erläuterungstafel anbringen, damit die Erinnerung an Hitler nicht verloren geht. Eine Stadt ist kein Museum für historische Lernprozesse, dazu sind Bibliotheken und Universitäten da. Die Namen der Straßen dokumentieren immer die gerade dominierende Gegenwart. So hieß in Wien die 1865 angelegte Ringstraße von 1870 bis 1919 ›Franzensring‹, von 1919 bis 1934 ›Ring des 12. November‹, von 1934 bis 2012 ›Dr. Karl Lueger-Ring‹ und seit 2012 ›Universitätsring‹. Je nach der politischen Machtkonstellation wurde also die Straße anders benannt und damit eine programmatische Richtung vorgegeben.