Im Jahr 1683 erschienen die ›Dialogues des morts‹, Autor war Bernard le Bouvier de Fontenelle (1657–1757). In diesen fiktiven Gesprächen wurden Personen der Geschichte zusammengebracht, die sich während ihres Lebens niemals begegnet waren. Es gab neben Fontenelle eine ganze Reihe anderer Autoren, die dieses Konversationsspiel pflegten, so Boileau, Fénelon, Voltaire, Henry Fielding und Christoph Martin Wieland (›Gespräche im Elysium‹, 1780). Aller Vorbild war aber Lukian (um 120 – um 180 n.u.Z.), der neben ›Göttergesprächen‹, ›Hetärengesprächen‹, ›Meergöttergesprächen‹ auch ›Totengespräche‹ verfaßte. Hier wird diese lange Tradition fortgeführt.
Joseph-Ignace Guillotin meets Richard Jaeger
Ich hätte wohl Neigung einmal eine Geschichte der Menschenschinderey zu schreiben, ich glaube nämlich, daß wenig Künste so früh in der Welt zur Vollkommenheit gebracht worden sind als diese, und auch keine so allgemein ist. Die Köpfmaschine hat viel Aehnlichkeit mit der Guillotine. Diese Maschinen hacken alle den Kopf ab, aber die Guillotine schneidet ihn ab. Wenn also die Justitz einmal für allemal köpfen will und soll, so weiß ich in Wahrheit nichts sinnreicheres, als die Guillotine. Sie wird aber schwerlich nunmehr Eingang finden, wegen des schändlichen und mörderischen Gebrauchs, den man gleichsam bey ihrer Installation davon gemacht hat. (Georg Christoph Lichtenberg, 1793)
Richard Jaeger: Rübe runter! Rübe runter!
Joseph-Ignace Guillotin: Nanu, was brabbeln Sie denn da vor sich hin? Ist Ihnen nicht wohl?
Richard Jaeger: Mein Name ist Jaeger, Richard Jaeger. Ich war von 1965 bis 1966 deutscher Bundesminister der Justiz und habe in den 1960er Jahren die Abschaffung des Artikels 102 des deutschen Grundgesetzes gefordert, die Wiedereinführung der Todesstrafe. Meine politischen Feinde haben mich dann ›Kopf-ab-Jaeger‹ genannt, das war dieser Wehner, dieser Herbert Wehner von der deutschen Sozialdemokratie, der hat mich so genannt. Aber es gab andere, die sich noch drastischer ausgedrückt haben: ›Rübe-runter-Jaeger‹ haben die mich beschimpft.
Joseph-Ignace Guillotin: Aber habe ich Sie nicht eben, auch wenn meine Deutschkenntnisse nicht allzu gut sind, sagen hören: Rübe runter! Rübe runter!?
Richard Jaeger: Es gibt einfach Fälle, wo nichts anderes hilft. Und bedenken Sie: Rübe runter! versteht jeder, man muß nicht lange erklären, was man damit sagen will.
Joseph-Ignace Guillotin: War das nicht ein Satz, der in der Zeit zwischen 1933 und 1945 in Deutschland häufig zu hören war? Es soll da eine Partei gegeben haben mit fünf Buchstaben, deren führende Vertreter recht freigiebig im Gebrauch dieser Forderung gewesen sein sollen. Und den Worten folgten dann ziemlich rasch Taten. Man nannte das auch »Ausmerze«.
Richard Jaeger: Ausmerze?! Vernichtung rassisch minderwertiger Menschen? Wie können Sie es wagen, mich mit den Nationalsozialisten auf eine Stufe zu stellen!? Ich bin Mitglied der Christlich-Sozialen Union und ein vehementer Verteidiger der abendländischen Kultur. Wenn ich die Todesstrafe fordere, hat das eine ganz andere Qualität als damals, als die Nazis es forderten.
Joseph-Ignace Guillotin: Und häufig praktiziert haben. Wenn ich mich vielleicht vorstellen darf? Ich heiße Joseph-Ignace Guillotin, nach mir ist die Guillotine benannt worden.
Richard Jaeger: Das Handbeil erledigte die Vollstreckung der Todesstrafe aber auch nicht schlecht, wenn nicht besser. Aber auch der Galgen war ein praktisches Instrument zur Wiederherstellung der beschädigten Rechtsordnung. Wissen Sie, als am 25. April 1792 die erste öffentliche Hinrichtung in Paris stattfand, da war die umherstehende gaffende Menge doch sehr enttäuscht über das Unspektakuläre des Vorgangs. Es ging ihnen zu schnell. So entstand im Volksmund ein Spottlied, in dem die Wiederkehr des Galgens gefordert wurde: Rends-moi ma potence en bois, / Rends-moi ma potence! Sie sehen, Ihre Erfindung war nicht unbedingt populär. Das Volk sah nichts. Und es ging alles viel zu schnell. Der Kopf verschwand im bereitgestellten Korb und der Rumpf wurde rasch weggeschafft. Frauen der feinen Gesellschaft drängten zur Guillotine, als geile Zuschauerinnen, man nannte sie damals »Guillotinen-Ableckerinnen«.
Joseph-Ignace Guillotin: Das Hauen mit dem Beil ist nicht besser, denn die Schneide des Beils berührt zu viele Teile des Halses zugleich und es ist daher eine sehr große Schwungkraft vonnöten, den Kopf mit einem Hieb herunterzukriegen. Wir hatten damals in den Jahren nach 1789 einfach ein Quantitätsproblem. Es waren einfach zu viele Todeskandidaten auf den Listen und es dauerte viel zu lange, bis man die zum Tode Verurteilten endlich hinrichten konnte. Außerdem sah ich mich als praktizierender Arzt verpflichtet, eine humane und fortschrittliche Methode der Exekution zu finden. So bin ich auf die Fallschwertmaschine gekommen und mir zu Ehren hat man diese dann nach mir benannt, obwohl ich nicht der alleinige Erfinder bin, es half mir dabei der Chirurg Antoine Louis mit einer Expertise und zunächst hat man die Hinrichtungsmaschine denn auch nach ihm benannt, louisette oder petite louison hieß sie. Die Guillotine, wie sie dann hieß, war aber kein Phänomen der französischen Revolution, es gab in Ländern wie Italien, Schottland, England und Deutschland schon Vorformen davon. Wir haben es in eine funktionierende, moderne Form gebracht. Sie schaffte eine Distanz zu dem Akt und war zugleich doch auch eine sehr humane Form der Hinrichtung. Die Guillotine ist eine Maschine, die den Kopf im Handumdrehen entfernt und das Opfer nichts anderes spüren lässt als ein Gefühl erfrischender Kühle. Mit dieser Maschine konnte man in einem Augenblick das Haupt von den Schultern herabtanzen lassen, ohne daß Sie auch nur das geringste spüren.
Richard Jaeger: Was für eine französische Frivolität bei Ihnen zutage tritt! Sie können von mir nicht verlangen, daß ich freundliche Worte über die französische Revolution von 1789 finde. Das war die Geburtsstunde des Kommunismus. Ich als Christlich-Sozialer verabscheue die französische Revolution, jede Revolution. Als konservativer Mensch fühle ich mich der Werteordnung des christlichen Abendlandes verbunden. Haben Sie übrigens vergessen, daß Sie als Arzt vorgeschlagen haben, Kriminelle als Versuchsobjekte zu benutzen, indem man ihnen die Tollwut injiziert? Tollwut führt bekanntlich zu einem langsamen und schmerzhaften Tod, man stirbt mit großer Atemnot und bei vollem Bewußtsein.
Joseph-Ignace Guillotin: Ach, diese alten Geschichten, ja, ich weiß, das war meine ganz natürliche medizinische Wißbegier. Schwamm drüber! Welche Hinrichtungsart würden Sie denn bevorzugen?
Richard Jaeger: Darüber möchte ich mich hier nicht weiter äußern. Tragen Sie ein Abhörgerät unter Ihrer Jacke? Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ich unterhalte mich hier unbeschwert mit einem Fremden und morgen finde ich dann meine Worte in einer der linksradikalen Gazetten der bundesdeutschen Presse wieder. Das gibt dem liberalen und kommunistischen Lesemob dann wieder die Gelegenheit, über mich herzuziehen und mich als Unmenschen zu diffamieren.
Joseph-Ignace Guillotin: Sie haben aber einmal auf die Frage eines Journalisten, welche Hinrichtungsart es nach Wiedereinführung der Todesstrafe geben sollte, geantwortet: »Vermutlich wird man die Guillotine wählen.« Und vielleicht erinnern Sie sich noch an das Jahr 1948, als Hans-Christoph Seebohm von der ›Deutschen Partei‹ im Parlamentarischen Rat einen Antrag auf Abschaffung der Todesstrafe einbrachte? Der Verbotsantrag zielte darauf ab, weitere Hinrichtungen von NS-Verbrechern aufzuhalten. Der Vorstoß scheiterte. Erst am 10. Februar 1949 sprachen sich auch die SPD-Mitglieder im Parlamentarischen Rat für die Abschaffung der Todesstrafe aus. Das hat im übrigen auf die Mentalität der Bevölkerung keinerlei Auswirkungen gehabt. Zwischen 1933 und 1945 gab es im NS-Deutschland 45.000 vollstreckte Todesurteile, aber 1948 sprachen sich 75 Prozent der Bundesdeutschen weiter für die Todesstrafe aus. Zehn Jahre später waren es sogar 75 bis 80 Prozent, die für die Todesstrafe sich aussprachen. Soviel zur demokratischen Reeducation! (Zieht ein Buch aus der Tasche und liest): »Der Sinn des Strafrechts liegt in der Ausmerze. Einzig und allein der Gedanke der Ausmerze ist der ursprüngliche Sinn des Strafrechts.« Das stammt von einem gewissen Herr Ruttke, Falk Ruttke, der es während der NS-Zeit bis zum Oberregierungsrat und SS-Sturmbannführer gebracht hat. Das Buch, aus dem ich eben diese Sätze vorgelesen habe, trägt den Titel: ›Rasse, Recht und Volk. Beiträge zur rassengesetzlichen Rechtslehre‹, München 1937. Er gehörte auch zu den drei Kommentatoren des ›Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses‹ und war zudem ›Reichskommissar des Reichsausschusses für hygienische Volksbelehrung‹.
Richard Jaeger: Fangen Sie schon wieder mit der NS-Zeit an?! Verschonen Sie mich mit Ihren schiefen Vergleichen und Ihren anmaßenden Parallelen. Man kann durchaus für die Einführung der Todesstrafe sein und dennoch ein Demokrat bleiben. Ich finde es sehr verständlich, daß die Diskussion über die Todesstrafe in der Öffentlichkeit nicht zu Ende kommt. Gerade die Raubüberfälle bei Bankräubern haben eigentlich bei breitesten Schichten des Volkes, gerade des Durchschnittsstaatsbürgers den Ruf nach der Wiedereinführung der Todesstrafe lebhafter werden lassen. Es ist nicht undemokratisch oder eines demokratischen Rechtsstaats unwürdig und ihm fremd, die Todesstrafe für schwerste Fälle von Landesverrat auch in Zeiten, in denen kein Krieg herrscht, einzuführen.
Joseph-Ignace Guillotin: Sie verfügen über eine groteske Art von Humor. Aber das haben Sie mit den NS-Schergen gemein, die haben in ihren Reden und Büchern das Lächerlichmachen durch Verzeichnen ins Groteske als häufig angewandtes Mittel gebraucht.
Richard Jaeger: In den Vereinigten Staaten von Amerika besteht die Todesstrafe seit ihrer Wiedereinführung im Jahre 1976 bis heute. Es mag Angehörige der politischen Parteien der Demokraten und der Republikaner geben, die die Todesstrafe ablehnen, aber sie ist Bestandteil der demokratischen Verfassung und damit ein legitimes Mittel der Strafe und Strafabschreckung. Die Argumente gegen die Todesstrafe stammen aus der marxistischen und liberalen Mottenkiste des 19. Jahrhunderts.
Joseph-Ignace Guillotin: Strafabschreckend hat die Todesstrafe zu keinem Zeitpunkt gewirkt. Das ist eine völlig falsche und irreführende Annahme, ja eigentlich Zweckpropaganda. Während der Zeit des jakobinischen Terrors 1793 bis 1794, aber auch schon die Jahre davor, wurden Feinde der Revolution vernichtet. Da brauchte man gar keine Abschreckung, es war eine politische Waffe. Wir hatten sogar fahrbare Guillotinen, die die Revolutionsarmee mit sich führte, um vor Ort in der Provinz Revolutionsfeinde und Deserteure hinzurichten. Frankreich hat erst 1977 die Todesstrafe abgeschafft, die DDR sogar erst 1987. Das ist für beide Staaten ein Armutszeugnis, was die Höhe der zivilisatorischen Evolution angeht. In den USA wird kein Kandidat für das Amt des Präsidenten gewählt, der sich gegen die Todesstrafe ausspricht.
Richard Jaeger: Die Sühne muß im Vordergrund stehen, diese Sühne ist bei mir weltanschaulich und religiös fundamentiert. Wer will, daß Mörder endlich mit der Todesstrafe sühnen müssen, darf sicher nicht sozialdemokratische Kandidaten wählen. Deshalb lehne ich jegliche Revolution ab und verdamme ihre verbrecherischen Vertreter.
Joseph-Ignace Guillotin: Man kann jede Revolution ablehnen, aber das ist sehr idealistisch gedacht, denn in Wahrheit schert sich die Geschichte keinen Deut um die Meinungen und Empfindungen der Menschen. Geschichte geschieht, und dazu haben immer auch Revolutionen gehört. Im Fall der französischen Revolution von 1789 handelt es sich, im nachhinein betrachtet, um die Geburtsstunde der Neuzeit. Eine andere Frage ist es, ob man nach Erreichen einer gewissen zivilisatorischen Höhe dann auf bestimmte Maßnahmen zur Sicherung der Errungenschaften der Revolution verzichten kann, weil die Gesellschaft als Ganzes sich soweit beruhigt und konsolidiert hat, daß dann auch die Todesstrafe sich als überflüssig herausstellt und auch nicht mehr zeitgemäß erscheint, weil man inzwischen weiß, daß die Abwesenheit physischer Gewalt ein Leitmotiv der modernen Gesellschaft ist.
Richard Jaeger: Ihre Ausführungen können meine christlich-soziale Einstellung zur Welt nicht verändern. Rache muß in Recht verwandelt werden. Und wenn in unseren Städten Unruhen ausbrechen, dann geht entweder dieser Staat zugrunde oder die Regierung ist gezwungen, außerhalb der Verfassung oder sogar gegen sie tätig zu werden.
Joseph-Ignace Guillotin: Was hat Sie bloß so verbohrt gemacht? Denken Sie doch einmal, wie noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Delinquenten durch die Straßen einer Stadt auf einem Karren zum Richtplatz gezogen wurden. Am Straßenrand stand das gaffende Volk und johlte. Dann rissen die Knechte des Scharfrichters mit glühenden Zangen dem Verurteilten Stücke seines Fleisches aus beiden Armen. Dann wurde er ›von unten gerädert‹. Das haben die französischen Revolutionäre mit der Guillotine beendet. Zwar versammelte sich weiterhin das Volk um die Richtstätten und die Todesstrafe blieb damit öffentlich, doch es gab keine öffentlichen Folterungen mehr, bei denen das Blut floß und der Verurteilte wie am Spieß schrie vor Schmerzen. Man zeigte dem Volk wohl den abgetrennten Kopf von Ludwig XVI., aber er wurde nicht mehr wie früher auf der Spitze eines Pfahls ausgestellt, und das oft über Monate und sogar Jahre hinweg. Diese grausame Art der Abschreckung, die keine war und sein konnte, wurde unterbunden. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Europa dann im Hof der Zuchthäuser unter Ausschluß der Öffentlichkeit hingerichtet. Schließlich haben heute eine Reihe von Nationalstaaten die Todesstrafe vollkommen abgeschafft, weil sie mit den zivilisatorischen Standards der Neuzeit nicht mehr in Einklang zu bringen ist.
Richard Jaeger: Dennoch halte ich die Todesstrafe weiter für notwendig. Nur so kann sich die staatliche Gemeinschaft gegen Verbrecher zur Wehr setzen und zur Abschreckung beitragen.
Joseph-Ignace Guillotin: Alle Untersuchungen zu diesem Thema belegen aber übereinstimmend, daß die vermeintliche Abschreckung eine Legende ist, an deren Wirkung nur die glauben, die unbeirrt an diese Wirksamkeit zu glauben wünschen. Sie sind eben ein klassischer Revanchist, der meint, nur wenn man mit gleichen Mitteln zurückschlägt, käme es zur Wiederherstellung des gestörten Rechtsfriedens. Man muß auch zugeben, daß die Guillotine während der Schreckenszeit des jakobinischen Terrors zu einer machine infernale wurde. Es konnte jeden treffen und viele verdiente Menschen wurden ermordet.
Richard Jaeger: Auch Lichtenberg, der zunächst hauptsächlich an der technischen Konstruktion interessiert war, ließ 1794 seine Enttäuschung über den Verlauf der Revolution in die sarkastische Bemerkung münden, »daß doch noch niemand im Konvent den Vorschlag getan habe, die Guillotinierten zu essen.« Es gab manche Äußerungen von Zeitgenossen, auch aus Deutschland, die über den Mißbrauch dieser Maschine klagten. Als man die Mörderin Charlotte Dorday exekutiert hatte, stellte man fest, daß ihre Wangen gerötet waren und man bemerkte einen Ausdruck unmißverständlicher Entrüstung auf ihrem Gesicht. So kam man auf den Gedanken, daß der abgetrennte Kopf noch für einige Sekunden fähig sei, zu denken und zu fühlen. Doch man bedachte nicht, daß allein der blitzartige Blutverlust im Kopf zu sofortiger Ohnmacht und Empfindungslosigkeit führte. Ich weiß aber von einem medizinischen Experiment, das 1803 der deutsche Arzt Johann Wendt an einem Geköpften durchführte. Unmittelbar nach der Abtrennung des Kopfes griff sich der Arzt den Kopf und führte galvanische Experimente durch. So steckte er seinen Finger in den Mund und die Zähne des Kopfes bissen auf diesen Finger so fest, daß Wendt ihn nicht mehr herausbekam. Erst nach drei Minuten hätten diese Lebenszeichen nachgelassen.
Joseph-Ignace Guillotin: Sie kennen sich ja ganz gut aus. Das dürfte wohl damit zusammenhängen, daß Sie nicht nur ein Befürworter der Todesstrafe sind, sondern auch ein heimliches Vergnügen an der Exekution von Menschen zu haben.
Richard Jaeger: Sie unverschämter Lümmel, Sie! Ich bin ein wohlangesehener Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Ich bin Träger des Bayerischen Verdienstordens, ich bin Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband, ich bin Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens am Band für die Verdienste um die Republik Österreich.
Joseph-Ignace Guillotin: Ja, freilich, man kann Ihnen nichts nachweisen. Sie sind ein ehrenwerter Herr. Die Guillotine hat sie verschont. Aber lassen wir das. Neben dem Grauen, das die Anwendung der Guillotine während ihrer Hochzeit im kollektiven Bewußtsein ausgelöst hat, gab es immer auch die Faszination und die damit unvermeidlich einhergehende Trivialisierung. Bereits 1793 gab es Miniaturguillotinen als Spielzeug für Kinder, die damit kleine Puppen enthaupten konnten. Ein parfümierter roter Saft spritzte dann heraus, in den die Eltern dann ihre Taschentücher tupften. Diese Spielzeuge wurden aus Mahagoniholz hergestellt und fanden sich in den Salons der neuen bürgerlichen Gesellschaft als amüsanter Zeitvertreib. Es gab Guillotinen als Ohrschmuck für die frivolen Damen oder auch als Brosche am Revers. Sogar Goethe, der Deutschen größter Dichter, bestellte für seinen fünfjährigen Sohn eine Miniaturguillotine.
Richard Jaeger: Rübe runter! Rübe runter!