Dr M schrieb am Sonntag, 1. Oktober 2017:
Pffft… machte es plötzlich kurz vor Beginn des Konzerts der norwegischen Band Pristine. Weißer Nebel aus einer Nebelmaschine stieg auf und erfüllte den Raum. Auch eine eigene, höchst effektvolle Lightshow war aufgebaut, denn das Auge ißt mit. Die Band hatte sogar ein Mischpult mitgebracht, dennoch war das Konzert baßlastig übersteuert. Musikalische Vorbilder der Band sind unter anderen Led Zeppelin, und so sah man denn den Gitarristen mit einer von Jimmy Page benutzten doppelhalsigen Gitarre hantieren. Doch begang er den ästhetischen Fehler, mit dieser Monstrosität zu posieren; ich schenke mir die psychologische Deutung von Poseuren, die lange Gitarrenhälse steil in die Luft ragen lassen und weshalb zwei davon dann geradezu grotesk wirken müssen. Die Stimme von Pristine (pristine ] (engl.) makellos, unverdorben, ursprünglich, unberührt, tadellos) heißt Heidi Solheim, die wie eine frischlebendige Spielpuppe aus dem Kinderzimmer (sie wirkt in der Kindermusikband Dinosaus mit) auf der Bühne sprang und sang (mit glockenhellem Timbre) und ihrem unbefangenen, ungezügelten Spieltrieb freien Lauf ließ. Mit Wonne drosch sie auf eine Kuhglocke ein, lachte viel und sprühte wie ein feuerroter Kugelblitz, war aber schlank wie eine junge Tanne. Und wie sie »Yes!« rief — das war ein richtiges Ja, ohne alle Grübelei, ganz dem Augenblick hingegeben und ihn erfüllend. Draußen blühte hoch droben ein zunehmender Mond im ersten Viertel und mir fielen die Zeilen des englischen Lyrikers Neil Tennant (der auch ein Sänger mit glockenheller Stimme ist) ein: »All the stars are flashing high above the sea / and the party is on fire around you and me / We’re gonna burn this disco down before the morning comes«.