Ich habe Mussolini und Hitler erlebt, die faschistischen Götter meiner Tage; es waren geistig und seelisch völlig leere, unglückliche Menschen, vorangepeitscht vom Größenwahn. (Theodor Lessing, 1933)

Er war ein Schmierenkomödiant und ein Verbrecher. Das hielt die italienische Wählerschaft nicht davon ab, ihn in politische Ämter zu wählen. Er ging in die Politik, weil er wußte, daß man durch Gesetze, die man auf sich selbst zuschneidert, man beschützt ist vor der realistischen Möglichkeit, wegen kriminineller Geschäfte ins Gefängnis gehen zu müssen. Er war dreist in seinem Auftreten und scheute nicht vor wahnwitzigen Vergleichen zurück. »Ich bin der Jesus Christus der Politik« verkündete er ungeniert auf allen seinen Fernsehsendern. Und er zögerte auch nicht davor, denjenigen, die mit dem Namen Jesus Christus nichts anfangen konnten, zu erklären, wie das gemeint war. »Ich bin ein geduldiger Patient, ich ertrage alles, ich opfere mich für alle auf.« Während man in anderen Ländern gern ganz allgemein von ›den Medien‹ redet, wenn man das Konglomerat von Pressehäusern, Fernsehanstalten und Reklameagenturen meint, so zerschmolz das pauschale Gerede über die Macht der Medien in Italien zu einem einzigen Wort: Berlusconi. Er war nach Mussolini in Italien der Politiker, der alles auf Nichts setzte, eine Politik der leeren Worte und der theatralischen Gesten. Und so wie Mussolini seinem Land mit dem Faschismus schadete, so schadete Berlusconi Italien mit einer verheerend wirkenden ökonomischen Politik, mit Geldwäsche und der Komplizenschaft von Auftragsmördern, mit Verbindungen zur Mafia, Steuerhinterziehung und der schamlosen Bestechung von Politikern, Richtern und der Steuerbehörden. »Die Mehrheit der Italiener würde gern so sein wie ich.« sagte er. Und darin hatte er vielleicht sogar recht. Die Ohnmacht der allermeisten Menschen besteht ja gerade darin, eigentlich überhaupt nichts an einem politischen System ändern zu können, nur die ständig Reden schwingenden, wechselnden Politiker wollen ihnen weißmachen, daß das nicht so ist. Aber die Masse der Wähler ist nicht so dumm, und wenn sie nicht überhaupt das Wählen von politischem Führungspersonals sein läßt und zuhause bleibt, dann geht sie den Weg, den auch ihre verbrecherischen Führer gehen: den Weg des Individualismus. Was so ein Krimineller in großem Stil erreicht hat, das will man im kleinen Format auch für sich erreichen. Vielleicht nicht unbedingt mit einem Auftragskiller, aber ganz sicher mit Schwindelei bei der Steuererklärung, der Vorzugsbehandlung bei den städtischen Behörden, des ohne Arbeit erreichten Wohlstands. Das macht solche Figuren wie Berlusconi groß und mächtig. Sie sind die furchtbaren Vorbilder für einen beschränkten Egoismus und Parasitismus, der bei den ohnmächtigen Massen immer wieder ankommt, weil es für sie der einzige Ausweg aus ihrer eigenen Misere zu sein scheint. Für weiteren Nachschub ist gesorgt.