Und er hebt sein Gewehr beim Lauf und schwingt es hoch und läßt den Kolben wie einen Hammer auf ihren Schädel niederfallen. […] Da holt der Soldat, die Beine breitgestellt, schon zum zweiten wuchtigen Hieb aus. Er schwingt den Kolben über sich und schmettert ihn über ihren Schädel mit solcher Wucht, daß es kracht. und sie wie ein gefälltes Tier zugleich mit dem Kolben zu Boden geht. […] Sie packten die Leblose bei Schultern und Beinen und warfen sie in den Wagen hinein. […] Die Soldaten hinten zogen die Beine hoch vor dem Blut, das von ihr lief und unten Pfützen bildete. […] Die blutige Rosa, die rote Sau, jetzt liegt sie da, man kann sich freuen. […] Der Landwehrkanal, zur nächsten Brücke, machen wir uns das Leben nicht so schwer. Das arme Kind wird sich noch ganz verbluten. Dagegen soll man was tun. Da hast du – eine Kugel. Und da ist die andere. Macht zwei, nach Adam Riese. Und jetzt bist du tot, und so soll’s allen gehn, allen Schweinen und Juden und deiner ganzen Sippe. Jetzt reißt du dein Maul nicht mehr auf und spritzt dein Gift, du Schlampe. Zur nächsten Brücke, ins Wasser, um das Gift zu verdünnen. […] Raus aus dem Wagen mit dem Bündel. Übers Geländer, Schwung, eins – zwei – drei, da fliegt sie. Plumps, da fällt sie, und ward nicht mehr gesehn. Ein Prosit, ein Prosit der Gemütlichkeit. […] Das Bürgertum bis weit in die Reihen der Sozialdemokratie hinein atmete auf. Grausam in den Einzelheiten, gewiß, war die Tat, aber ein Akt der Selbsthilfe. Die bürgerlichen Zeitungen hielten es nicht für nötig, ihre Genugtuung zu verbergen. Eine schrieb: ›Lynchjustiz, aber fast ein Gottesurteil.‹ […] Der Leiter des Gerichts beantragte gegen die vier Offizere, die geschossen hatten, die Todesstrafe wegen vollendeten Mordes. Das Gericht sprach sie frei, obwohl es zugab, daß Indizien vorlägen, daß unter den Offizieren eine Verabredung zur Tötung stattgefunden habe.
(Alfred Döblin: November 1918. Band 4: Karl und Rosa, München 1978, 592f., 599, 603)