»Ich bin der König«, sagte Reichsminister Frank, Generalgouverneur von Polen, indem er die Arme breit von sich streckte und eine stolzen, selbstgefälligen Blick auf seinen Tafelgästen ruhen ließ. […] Ich saß an der Tafel Franks, des deutschen Königs von Polen, im Wawel, der alten polnischen Königsburg von Krakau. […] Um die reichbedeckten Tische sah ich wieder die Nacken, die Bäuche, die Münder, die Ohren, wie Grosz sie zeichnete; jene kalten starren Augen, jene Fischaugen. […] Doch jetzt öffnete sich langsam die Flügeltür, und auf einer Silberplatte hielt eine gebratene Gans ihren Einzug, auf dem Rücken liegend, inmitten einer Girlande buttergebräunter Kartoffeln. […] Ich weiß nicht warum, aber ich mußte denken, daß sie nicht in der guten alten Weise mit dem Messer abgestochen, sondern an die Wand gestellt und von einem SS- Exekutionskommando erschossen worden war. […] Die Gans war sicherlich mit erhobener Stirn gefallen, den grausamen Unterdrückern Polens ins Gesicht blickend. […] Gouverneur Fischer erzählte, während er sich mit dem Löffel seine Hirschfleischscheiben mit einer goldgelben Sauce beträufelte, wie die Juden im Ghetto begraben wurden: »Eine Schicht Leichen und eine Schicht Kalk«, wie wenn er sage: »Eine Scheibe Fleisch und eine Schicht Sauce, eine Scheibe Fleisch und eine Schicht Sauce.«
(Curzio Malaparte [eigtl. Kurt Erich Suckert (1898–1957)]: Kaputt [zuerst Neapel 1944], [dt. Karlsruhe 1951; ²1961], 63, 67, 73, 75, 104)