»Heute wurde ich auf das Rathaus gebeten. Da stand in seinem Amtszimmer der Oberbürgermeister und schwätzte: ›Sie sind angeklagt, die Jugend unserer Stadt zu verderben. Die Stadt fordert, daß Sie auf ihr Lehramt freiwillig verzichten. Hier liegt die Urkunde des Verzichts. Unterschreiben Sie!‹ Da warf ich dem Armseligen seinen Dreck vor die Füße. Draußen vor den Fenstern leuchtete in der Sonne die alte Stadt. Da lehnten die alten Häuser, in denen wohnten meine Großeltern und Eltern und ist keines, daraus mein Vater nicht einen Kranken geheilt und nicht ich ein Kind unterrichtet hätte.«
Weiterlesen in: Rainer Marwedel: Theodor Lessing. 1872–1933. Eine Biographie, 1987, 253–308, 302f.