»Warum erregt man sich? Es sind ein paar Dutzend van Goghs gefälscht worden. Man hätte es sich denken können. Es sind zu viele Bilder van Goghs plötzlich aufgetaucht. Reizvoller ist der andere große Schwindel, die ›Entlarvung‹ des Meisterfälschers Alceo Dossena. Ein kleiner Kreis von Experten, Kunstgelehrten und Kunstsammlern sah vergnügt zu, wie die noch uneingeweihten Koryphäen ihre Echtheitsatteste zum besten gaben. Wären wir nicht die Narren der Kunstgeschichte, dann würden wir aus diesen Ereignissen des Kunstmarktes und der Kunstbörse lernen, daß im Reiche der Musen auf die Beglaubigung der Namen und der Zeitpunkte es überhaupt nicht ankommt. Denn wie es Similidiamanten gibt, die schöner sind als die echten, so kann eine Fälschung tieferen Reichtum schenken als der Besitz des echten Ringes. Und wer in die Museen geht, um lebendige Schönheit zu empfangen, nicht aber um Kunstgeschichte zu studieren, dem sagen die Täfelchen und Unterschriften nur wenig, da sie wohl zu einem guten Drittel alle falsch sind. Es ist aber nur gerecht, daß der Geschichtswahnsinn der historisch-mechanistischen Menschheit Scharen von Kunst- und Geistes-Geschäftsleuten in Nahrung setzt. In Amerika ist der Beruf des Holzwurms ein recht angesehener Beruf. ›Holzwürmer‹ nennt man jene Kunstschöpfer, welche völlig natürlich wirkende Bohrlöcher in das Holz künstlicher Altertümer machen, in Truhen, Schränke, Altäre. ›Was ist dein Papa?‹ ›Bohrwurm‹ ›Und der deine?‹ ›Zahn der Zeit‹. Betrachtet nicht alle Bilder des Lebens, weil Professor Klugschmuhs sagt, daß sie echt sind und der Markt dafür viel Geld zahlt. Forscht, ob ihr bewegt seid.«
Sprengel-Museum
