Rote Reihe 6: Gedenkstätte Synagoge (erbaut 1870). 1958 wurde wenige Meter vom ehemaligen Standort der Synagoge zur Erinnerung an das Pogrom von 1938 eine Gedenktafel angebracht und 1978 eine Gedenkstätte eingerichtet, die 1993 erweitert wurde.
»Der Religionsunterricht gefiel mir, weil ich das Märchenerzählen und Geschichtenausspinnen liebte. Man ließ mich zunächst am allgemeinen Religionsunterricht teilnehmen, ohne mir zu sagen, daß ich ein jüdisches Kind sei. Zu Hause war nie vom Judentum die Rede. Das Wort Jude war für die hannoverschen Jungen ein Scheltwort wie Lork oder Buttjer. Man hänselte, und ich tat arglos mit. In der Vorschule gab es außer mir nur zwei Judenkinder. Kinder sind grausam, und ich quälte einen der beiden, bis er eines Tages, als ich zu ihm ›Jude‹ sagte, antwortete: ›Bist ja auch einer.‹ Ich sagte empört: ›Ist nicht wahr‹, erkundigte mich aber bei meiner Mutter, was ein Jude sei. Sie lachte und gab eine ausweichende Antwort. Einmal aber zeigte sie mir auf der Straße einen Mann im Kaftan und sagte: ›Da geht ein Jude.‹ Daraus schloß ich, daß wir keine ›richtigen‹ seien. Aber dies Wort Jude wurde mir unheimlich. Unter den Kindern lief ein Neckverschen um: ›Jude Jude Itzig, mach dich nicht so witzig.‹ Sobald der Vers gesungen wurde, schämte ich mich, und diese Feinnervigkeit wurde von andern Kindern bald herausgefühlt. Wenn ich in das Klassenzimmer trat, so sangen einige Rauflustige: ›Jude Jude Itzig, mache dich nicht witzig.‹, worauf ich losbrüllte: ›Macht doch ihr mich nicht witzig.‹ In dieser Erwiderung lag schon meine ganze ›Philosophie der Not‹. «